Einige Tage
später feiern die beiden Hartls 22. Geburtstag: Einmal
sind wir draußen gewesen, es war finster, auf einmal, weil
ich gesehen habe er steht auf mich, habe ich ihn in Arm genommen
und geküsst. Seitdem war der Feuer und Flamme für mich.
Fortan sind Brazda und Hartl unzertrennlich. Hartl umwirbt Brazda,
lädt ihn ein zu Ausflügen nach Schönbach und Karlsbad
und überrascht ihn mit kleinen Aufmerksamkeiten.
Nach dem Einmarsch
der Deutschen im Oktober 1938 wird die Fischli-Bühne aufgelöst.
Die beiden ziehen nach Karlsbad, Hartl arbeitet dort als Friseur,
der nunmehr arbeitslose Brazda lässt sich von ihm aushalten.
Die beiden beziehen zwei sich gegenüberliegende Dachzimmer,
die sie mitsamt dem Treppenabsatz als Wohnung nutzen. Doch die Angst,
ins Visier der Kripo zu geraten, ist groß. Besonders der einschlägig
vorbestrafte Brazda weiß genau, wie gefährlich die Situation
ist.
Und Brazdas
Sorgen sind nicht unberechtigt. Denn die Karlsbader Kriminalpolizei
bekommt schließlich einen Hinweis, der umfangreiche Ermittlungen
in Gang setzt. Am 31.12.1940 geht bei Kriminalsekretär Beyer
ein handgeschriebener Brief ein, der eine Person aus Brazdas Umfeld
ins Blickfeld der Polizei rückt: Ich möchte Sie
aufmerksam machen, dass bei uns im Hause Reichsadler ein Warmer
Bruder namens Josef Nawrocki wohnt und nur immer Herrenbesuche empfängt
und auch frech mit den Hauseinwohnern ist. Bitte einmal dem Herrn
seine Schnauze putzen. Heil Hitler. Julius Lohwasser.
Am 1.4.1941
wird zunächst Brazda verhaftet. Am 7. Mai trifft es auch Hartl,
der inzwischen beim Militär ist. Er wird zuerst in Regensburg
inhaftiert, Ende Mai verlegt man ihn dann ins Gerichtsgefängnis
von Eger. Am 5. September, Hartls 25. Geburtstag, findet der Prozess
vor dem Landgericht Eger statt. Hartl versucht sich zu entlasten,
indem er darauf verweist, zur Tschechenzeit habe man
derartige Delikte nicht so streng verfolgt. Das allerdings
lässt das Gericht kalt. Hartl, Brazda und zwei weitere Angeklagte
werden nach § 175 verurteilt. Brazda erhält mit 14 Monaten
Gefängnis die härteste Strafe, Hartl kommt mit acht Monaten
am glimpflichsten davon.
Brazda erhält
die höchste Strafe, weil man in ihm den Verführer
sieht, den auch seine Vorstrafe nicht davon abhalten konnte, weiterhin
seinem Laster zu fröhnen [sic!]. Ihm wird vorgehalten,
dass er den Hartl verführt hat. Hartl wird hingegen
als strafmildernd zugutegehalten, dass er von Brazda verführt
wurde.
Hartl verbüßt
die ersten Monate seiner Strafe im Gerichtsgefängnis von Eger.
Ende November 1941 wird er als Wehrmachtsangehöriger dann ins
Wehrmachtsgefängnis Torgau/Brückenkopf überführt.
Hartl überlebt
den Krieg und zieht später nach Essen. Regelmäßig
besucht er Brazda im Elsass. Doch seine Versuche, die alte Liebe
wiederaufleben zu lassen, scheitern, denn Brazda hat inzwischen
einen neuen Freund gefunden.
Literaturtipp:
Alexander Zinn:
"Das Glück kam immer zu mir". Rudolf Brazda
Das Überleben eines Homosexuellen im Dritten Reich. Frankfurt
am Main 2011: Campus. Link
zum Buchtipp
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