Hillers Homosexualität
ist nicht der Grund seiner Inhaftierung, wohl aber seine politische
Haltung, zu der natürlich auch das Engagement im WhK gehört.
Und auch in den Verhören geht es wiederholt um seine sexuelle
Orientierung. So berichtet Hiller 1969 etwas unbestimmt, ihm seien
Sexualakte angedichtet worden, "vor denen mir ekelt, über
deren Vorkommen mich als kritischer Jurist zu entrüsten ich
freilich einen wissenschaftlichen Grund nie sah". Nach einer
weiteren Vorladung der Gestapo flüchtet er Ende September 1934
nach Prag, 1938 dann nach London. Auch im Exil engagiert sich Hiller
politisch und publiziert in verschiedenen Exilzeitschriften.
1949 betreibt
er die Neugründung des WhK in Frankfurt am Main, überwirft
sich aber mit seinem Mitstreiter Hans Giese, der schließlich
die "Gesellschaft für Reform des Sexualstrafrechts"
gründet. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr
1955 lebt Hiller in Hamburg. Dort
stirbt er am 1.10.1972.
Im Jahr 2000
wird die KURT HILLER GESELLSCHAFT gegründet, um die
Erinnerung an Hiller wachzuhalten, dessen Leben und Werk zu erforschen
und der Öffentlichkeit bekanntzumachen. Weitere Informationen
unter http://www.hiller-gesellschaft.de/
Im selben Jahr
wird auf Initiative des Berliner Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD)
eine kleine Parkanlage an der Grunewaldstraße nach Kurt Hiller
benannt. Der damalige Schwulenverband (seit 1999 LSVD) hatte sich
seit 1997 für die Ehrung Hillers eingesetzt. Eigentlich hatte
der Verband den westlichen Vorplatz des S-Bahnhofes Friedenau präferiert,
weil Hiller in Friedenau in der Hähnelstraße 9 gewohnt
hatte. Ein Vorschlag, den die Schöneberg SPD aufgriff: Am 16.
Dezember 1998 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV)
von Schöneberg die Benennung des Platzes am S-Bahnhof. Ein
Beschluss, den die Schöneberger Bürgermeisterin Elisabeth
Ziemer (Grüne) aber ablehnte, weil die Platzfläche angeblich
"ungenügend" sei. Im Mai 2000 beschloss der Kulturausschuss
der BVV schließlich, statt des Platzes ein zu einer Grünfläche
umgewandeltes Trümmergrundstück an der Grunewaldstraße
nach Hiller zu benennen. Am 12. November 2000 wird der Park nach
ihm benannt. Vier Jahre später, am 14. April 2004, wird schließlich
auch ein biografisches Informationsschild angebracht, das Hiller
als Vorkämpfer der Homosexuellenbewegung ausweist.
Literaturtipps:
Kurt Hiller:
§ 175. Die Schmach des Jahrhunderts. Hannover 1922:
Steegemann.
Kurt Hiller:
Leben gegen die Zeit [Logos]. Reinbek bei Hamburg 1969: Rowohlt.
Kurt Hiller:
Leben gegen die Zeit [Eros]. Reinbek bei Hamburg 1973: Rowohlt.
Raimund Wolfert:
Homosexuellenpolitik in der jungen Bundesrepublik. Kurt Hiller,
Hans Giese und das Frankfurter Wissenschaftlich-humanitäres
Komitee. Göttingen 2015: Wallstein.
Rüdiger
Schütt (Hrsg.): "Ich glaube, wir verstehen uns".
Klaus Mann und Kurt Hiller - Weggefährten im Exil. München
2011: edition text + kritik.
Alexander Zinn:
Die soziale Konstruktion des homosexuellen Nationalsozialisten.
Zu Genese und Etablierung eines Stereotyps. Frankfurt am Main
1997: Peter Lang.
Alexander Zinn:
»Aus dem Volkskörper entfernt«? Homosexuelle
Männer im Nationalsozialismus.
Frankfurt am Main 2018: Campus. Link
zum Buchtipp
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