Rosa Winkel - Die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus
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Erwin Keferstein

Damenschneider, Textilmodenschüler

Erwin Albert Hermann Keferstein wird am 4.6.1915 in Stettin geboren. Mit 15 Jahren bricht er die Schule ab, um eine Lehre als Damenschneider zu beginnen. Am 1.10.1933 zieht Keferstein nach Berlin, wo er eine Textil-Modeschule besucht.

Keferstein gehört zu den ersten Opfern der im Herbst 1934 einsetzenden Homosexuellenverfolgung. Schon bei der ersten größeren Razzia, bei der die Gestapo am 1. Dezember 1934 Berliner Kneipen durchkämmt, wird der 19-Jährige verhaftet. Bei seiner Vernehmung gibt er die Namen einiger Freunde preis, darunter den der 23-jährigen Gräfin Inge Ellen zu Bentheim. Diese denunziert schließlich eine ganze Reihe von Männern, die angeblich „homosexuell veranlagt“ sind, darunter auch den Grafiker Richard Grune. Allein in diesem Verfahren werden in den folgenden Wochen über 70 Männer verhaftet.

Viele der Verhafteten werden in das Berliner KZ ‚Columbiahaus’ gebracht, von wo ein sehr großer Teil in das Konzentrationslager Lichtenburg verschleppt wird. Dort sind die homosexuellen Häftlinge grausamen Quälereien ausgesetzt, einige werden sogar zu Tode geschunden, wie der Schauspieler Kurt von Ruffin später eindringlich schilderte.

Erwin Keferstein
Erwin Keferstein in den frühen 30er Jahren
Bildquelle: Stiftung Denkmal / Familienverein Keferstein

Auch Erwin Keferstein wird im Januar 1935 ins KZ Lichtenburg verschleppt. Später bringt man ihn zurück ins ‚Columbiahaus’. Erst nach anderthalb Jahren, im Juni 1936, wird er schließlich nach § 175 angeklagt. Am 3.2.1937 verurteilt ihn das Berliner Landgericht zu zwei Jahren Gefängnis. Da ihm die 26 Monate, die er in sogenannter "Schutzhaft" in Konzentrationslagern verbrachte, angerechnet werden, kann Keferstein das Gericht als freier Mann verlassen.

In den folgenden Jahren wird Keferstein von der Polizei wiederholt zu Vernehmungen geladen. 1942 kommt es dann zu einem weiteren Ermittlungsverfahren nach § 175, einer Verurteilung entgeht Keferstein jedoch. Im Oktober 1942 wird er zur Wehrmacht eingezogen, am 17.12.1943 fällt Erwin Keferstein in der Nähe von Leningrad.

Weitere Informationen: http://www.dubistanders.de/Erwin-Keferstein/

Literaturtipp:

Alexander Zinn: »Aus dem Volkskörper entfernt«? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus.
Frankfurt am Main 2018: Campus. Link zum Buchtipp

© Alexander Zinn 2017