Rosa Winkel - Die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus
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Herbert Mumm von Schwarzenstein

Legationssekretär

Herbert Mumm von Schwarzenstein wird am 22.10.1898 in Frankfurt am Main geboren. Von 1919 bis 1923 Studium der Rechtswissenschaften und Promotion. Seit 1923 im Dienst des Auswärtigen Amtes, unter anderem an den Botschaften in London und Tokio.

Anfang 1935 gerät Herbert Mumm von Schwarzenstein ins Visier des Homosexuellendezernats der Gestapo. Im Zuge der ersten Verfolgungswelle, die auf Homosexuelle in Staat und Partei zielt, wird auch gegen Mumm von Schwarzenstein ermittelt, nach einem Bericht der Exilzeitung Pariser Tageblatt vom 10.2.1935 wird er sogar verhaftet. Im Sinne der Verschwörungstheorie einer homosexuellen Unterwanderung des NS-Staates betreibt die Gestapo in derartigen Fällen (vgl. den Fall von Achim Gercke) zunächst die Entlassung aus dem Staatsdienst. Am 26.1.1935 wird Mumm von Schwarzenstein in den dauernden Ruhestand versetzt – auf Grundlage des sogenannten „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“.

Doch mit der Entlassung ist die Sache noch nicht abgeschlossen. In den folgenden Wochen stellt das Homosexuellendezernat der Gestapo weitere Ermittlungen an. Letztlich bleiben diese aber ohne das gewünschte Ergebnis, strafbare Handlungen nach § 175

Herbert Mumm von Schwarzenstein
Herbert Mumm von Schwarzenstein
Bildquelle: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes

aufzudecken. Am 2.4.1935 teilt Josef Meisinger, der Leiter des Dezernats, dem Auswärtigen Amt schließlich mit, dass die Ermittlungen „neues Material nicht erbracht haben. Wie ich Ihnen bereits mündlich mitzuteilen die Ehre hatte, wird gegen von Mumm kein Strafverfahren eingeleitet werden. Die Angelegenheit gilt somit als abgeschlossen.“

In den folgenden Jahren ist Mumm von Schwarzenstein als Berater von Filmgesellschaften tätig. Er bewegt sich in Kreisen des Widerstandes, insbesondere in dem Zirkel um Hanna Solf, zu dem vor allem regimekritische Diplomaten gehören. Am 23.2.1942 wird er verhaftet, am 16.6.1944 verurteilt ihn der Volksgerichtshof wegen „Hoch- und Landesverrats“ zum Tode. Am 20.4.1945 wird Herbert Mumm von Schwarzenstein im Zuchthaus Brandenburg-Görden erschossen.

Literaturtipp:

Alexander Zinn: Die soziale Konstruktion des homosexuellen Nationalsozialisten. Zu Genese und Etablierung eines Stereotyps. Frankfurt am Main 1997: Peter Lang.

Alexander Zinn: »Aus dem Volkskörper entfernt«? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus.
Frankfurt am Main 2018: Campus. Link zum Buchtipp

© Alexander Zinn 2017